Tanzen, Teamgeist und Tom Hanks
Vor der Glastür zum Tanzsaal verfolgt ein etwa siebenjähriges Mädchen im rosa T-Shirt
sehnsüchtig und mit großen Augen das Geschehen im Innenraum. Dort probt gerade die Hip-Hop-Tanzgruppe „The RokkaZ“ – etwa 25 Mädchen und Jungen zwischen 16 und 20 Jahren. Der kleine Zaungast ahmt eifrig die Bewegungen nach. Die Großen bekommen davon nichts mit. Sie folgen konzentriert ihrem Trainer Sven Seeger, der gerade eine neue Choreografie mit ihnen einstudiert. „Kick ball change!“, kündigt er die nächste Figur an. Und legt gleich noch eins drauf, indem er seine nächsten Moves lautmalerisch unterlegt: „Woap, woap, woap, woooap!“ Im Hintergrund spielt Hip-Hop-Musik. Es sind dieser Sound und der dazugehörige Lebensstil, die den Tanz ausmachen und ihn beispielsweise vom Jazzdance abgrenzen.
Mehrmals die Woche treffen sich die Tänzer zum Training in der gegenüber vom Filmpark Babelsberg in Potsdam. „The RokkaZ“ sind die Hauptgruppe des Vereins „RokkaZ e. V.“, der seit 2009 besteht. Sein Anspruch ist es, junge Menschen zu fördern und ihnen die Teilnahme an Wettbewerben und Tanzshows zu ermöglichen. Letzteres ist mit finanziellem Aufwand verbunden. „Ein Bühnenkostüm kostet mindestens 100 Euro. Das summiert sich bei 120 Personen“, so Seeger. „Vor allem die Reisekosten schlagen zu Buche.“ Denn einen großen Ansporn für seine Schüler bedeuten die namhaften internationalen Wettkämpfe, die schon mal in Orlando (USA) oder Nanjing (China) stattfinden. „Ohne Unterstützung könnte eine
Gruppe nicht geschlossen mitfahren“, erklärt Seeger, „aber wir sind ein Team und möchten uns auch so präsentieren – gemeinsam.“ Daher ist er sehr dankbar, dass sein Verein gefördert wird, unter anderem von der MBS. Vom positiven Einfluss auf seine Schützlinge ist Seeger überzeugt: „Junge Menschen brauchen einfach Gelegenheiten zum Auspowern.
Das klingt nach einem Klischee, ist aber wirklich so.“ Auch Zusammenhalt und Teamgeist sind wichtig: „Viele haben hier ihr zweites Zuhause gefunden“, so Seeger.
Besonders freut ihn, wenn er erfährt, dass schon die Jüngsten im Hort den anderen die Schritte beibringen. „Das ist toll, oder?“ Neben Spaß und Bewegung kommt ein weiterer Aspekt zum Tragen: Die Kids lernen dranzubleiben. Hier ist Seeger vielleicht das beste Vorbild: Mit Ausdauer und Beharrlichkeit hat er sich den Traum vom Tanzen erfüllt.
Entdeckt hat Seeger seine Leidenschaft als Teenager in der Disco. Die Initialzündung
war schließlich ein Konzert von MC Hammer mit seiner Bühnenshow. „Das war mein erstes Konzert. Ich dachte: Wow, das möchte ich auch können.“ Also hängte Seeger sich rein. Mit Erfolg: Heute blickt er auf zahlreiche Auszeichnungen, den Aufbau eines Netzwerks in der
Tanzszene und die Gründung mehrerer Vereine zurück. Als studierter Sportlehrer
hat er mit dem Tanzunterricht seine Berufung gefunden. Er hilft seinen
Schülern, ebenfalls Erfolgserlebnisse zu sammeln: „Tanzen kann jeder, davon
bin ich überzeugt!“ Die zahlreichen Welt- und Europameistertitel seiner Formationen
geben ihm recht. Ebenso die Auftritte bei besonderen Anlässen wie dem Bürgerfest beim Bundespräsidenten im Schloss Bellevue in Berlin. Auch bei der TV-Castingshow „Got to dance“ war RokkaZ e. V. mit dabei. Jurymitglied Nikeata Thompson rief kurz darauf noch
einmal bei Seeger an. Ziemlich überraschend – auch wenn er die Kollegin seit Jahren persönlich kennt. „Sie sagte, du hast ’ne coole Crew, ich hab da einenJob für euch“, erinnert sich Seeger. Am Anfang war er skeptisch, erschien aber dann mit seiner Truppe doch beim Termin. Die Überraschung war groß, als er plötzlich neben Tom Hanks stand. Der
Hollywoodstar brauchte die Tänzer für seinen Film „Ein Hologramm für den
König“, der bald in die Kinos kommt.
Beim RokkaZ e. V. ist eben immer was los. Das kann auch Michele (19) nur bestätigen. Seit sieben Jahren ist sie dabei und möchte auf Hip-Hop-Tanz nicht mehr verzichten: „Es macht so viel Spaß!“ Und es geht nicht nur um das Tanzen, auch die Freundschaften sind ihr ans Herz gewachsen. „Wir kennen uns alle in- und auswendig“, erzählt Michele, „wie eine große Familie.“ Und das schließt Trainer Sven mit ein. Er wird von den Schülern als Mentor geachtet, hat für alle ein offenes Ohr. „Er hat einen Blick für unsere Probleme“, so Michele, „das rechnen wir ihm hoch an.“ Sie fügt hinzu: „Wertschätzung wünscht sich doch jeder. Und die erhalten wir hier.“ Natürlich sind auch für Michele die internationalen Wettkämpfe der Höhepunkt. In Orlando war sie zwei Mal mit dabei. „Kulturell hat das einen unheimlichen Einblick gegeben!“, schwärmt sie. „Ich hab da ganz viel gelernt, ganz viel mitgenommen. Es war einfach ein großes Abenteuer!“ Wertvolle Erfahrungen für die jungen Menschen.
Und auf die darf sich auch sicher bald das kleine Mädchen freuen, das immer
noch andächtig das Training beobachtet.
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