Fast wie richtige Parlamentarier: politisches Planspiel für Azubis

veröffentlicht am 11. Juli 2019 | Kategorie: Allgemein

Fast wie richtige Parlamentarier: politisches Planspiel für Azubis

Wir – Vanessa, Luise und Anna Lena – sind Auszubildende der MBS und hatten Euch schon auf unsere Auslandspraktikumsreise nach London mitgenommen. Nun durften wir vom 13. bis 15. Mai 2019 wieder europäisch unterwegs sein. Nein, wir waren diesmal nicht im Ausland, aber wir nahmen im Rahmen unseres Auslandsprogrammes an einem Workshop mit dem Europäischen Jugendparlament (EJP) teil.

Stattgefunden hat der Workshop an der IHK Potsdam (Industrie- und Handelskammer) – hier führten 99 Schüler und Auszubildende über drei Tage hitzige Debatten zu verschiedensten politischen Themen. Um eine möglichst große Bandbreite abzudecken, wurden sieben verschiedene Ausschüsse gebildet, die sich mit den unterschiedlichsten Themen befasst haben. So waren auch wir drei in verschiedene Ausschüsse eingeteilt und wollen Euch darüber gerne etwas berichten:

Der erste Tag wurde durch die Verantwortlichen vom EJP eröffnet. Anschließend erfolgte eine Begrüßungsrede von Mario Tobias (Hauptgeschäftsführer der IHK Potsdam), und Stefan Ludwig (Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg) hielt seine Impulsrede mit einer anschließenden Fragerunde. Nach der Begrüßung haben wir unsere einzelnen Gruppen kennengelernt und bereits teambildende Maßnahmen durchgeführt.

Der Dienstag wurde für die alleinige Arbeit in den verschiedenen Ausschüssen genutzt, so dass auch noch die letzten Diskussionsthemen aufgegriffen werden konnten und jeder Ausschuss am Dienstagnachmittag die Forderungen für die am Mittwoch bevorstehende Vollversammlung aufgestellt hat.

Welche Themen in unseren drei Ausschüssen jeweils behandelt wurden, werden wir Euch einzeln berichten.

 

Ich, Anna Lena,  war im Ausschuss I für Beschäftigung und soziale Arbeit:

In meinem Ausschuss drehte sich alles rund um die Aus- und Weiterbildung in Europa. Zu Beginn haben wir Fakten und Meinungen zum Thema ausgearbeitet. Dabei stellten wir schnell fest, dass unsere Meinungen innerhalb der Gruppe sehr unterschiedlich waren, alleine aufgrund unserer Lebensläufe. Einige haben bereits ein Studium oder eine Ausbildung begonnen bzw. abgeschlossen, und andere befinden sich noch in der Findungsphase für ihren nächsten Lebensabschnitt.

Nichtsdestotrotz strebten wir alle ein Ziel an: eine einheitliche, duale Ausbildung in allen Ländern der Europäischen Union. Dadurch möchten wir die Attraktivität der Auslandsarbeit fördern, um auch etwas schwächere Länder langfristig zu stärken. Den Europäern soll es ermöglicht werden, überall in der EU Weiterbildungen zu absolvieren. Voraussetzung dafür ist allerdings eine einheitliche Berufsausbildung in den Ländern, da aktuell die Abschlüsse nicht vergleichbar sind und deshalb auch nicht anerkannt werden. Die verschiedenen Anforderungen könnte man durch eine Art Rahmenlehrplan festlegen und somit vereinheitlichen.

Des Weiteren war die Sprache ein wichtiger Aspekt in unserer Resolution. Besonders Englisch als Weltsprache sollte im frühesten Kindesalter praktiziert werden. Durch Klassenfahrten oder Weiterbildungen – wie bei uns mit dem Aufenthalt in London – werden Sprachkenntnisse auf- und ausgebaut, gefördert, und nebenbei lernt man Land und Leute kennen. Außerdem gibt es bereits tolle Organisationen wie z.B. ERASMUS, die Jugendliche und Studenten finanziell unterstützen, um Auslandsaufenthalte und Auslandssemester zu ermöglichen. So wurden übrigens auch wir finanziell bei unserem Auslandsaufenthalt in London unterstützt :-).

Vordergründig sollten wir uns an den Ländern innerhalb der EU orientieren, die bereits mit ihren Ausbildungssystemen erfolgreich sind. Diese müssen auf schwächere Länder ausgeweitet werden, um so auch für die Zukunft die Vielfalt Europas zu stärken und einen gemeinsamen Arbeitsmarkt in der EU zu etablieren.

Letztendlich war ich mit der Ausarbeitung unserer Resolution sehr zufrieden, denn alle Forderungen wurden durch die Vollversammlung angenommen. Somit gab es auch die Bestätigung, dass den Jugendlichen etwas daran liegt, vielfältig in der EU arbeiten zu können.

 

Ich, Luise, war im Ausschuss II für Beschäftigung und soziale Arbeit:

In meinem Ausschuss haben wir uns mit der hohen Jugendarbeitslosigkeit in Europa beschäftigt. Ein sehr wichtiges Thema, da man sich selber noch vor zwei Jahren die Frage gestellt hat, welchen beruflichen Werdegang man einschlagen wird. Wir waren eine Gruppe von acht Schülern und Azubis im Alter von 16 bis 22 Jahren. In der Gruppe hatten wir einen Gruppenleiter, der die Diskussion geleitet und unsere Ergebnisse festgehalten hat.  Wir hatten zwei Tage Zeit, um eine vollständige Resolution auszuarbeiten und schriftlich festzuhalten. In unserem Ausschuss haben wir uns die Frage gestellt, ob der Mensch sich selber abschafft. Die Jugendarbeitslosigkeit in den verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten ist trotz verschiedener Bemühungen seit Jahren konstant hoch. Technische Fortschritte durch Digitalisierung und Automatisierung in allen Bereichen des Lebens vereinfachen zwar die Arbeit, gefährden jedoch auch viele Arbeitsplätze in Europa. Wir haben uns also auch die Frage gestellt, welche Maßnahmen von der EU ergriffen werden müssen, um eine Jobgarantie zu gewährleisten und vor allem der Jugend Europas eine Perspektive zu bieten. Aus diesen erarbeiteten Erkenntnissen der letzten Tage stellten wir verschiedene Forderungen auf, die wir am Mittwoch dem Europäischen Jugendparlament vorlegten. Insgesamt haben wir sieben verschiedene Forderungen aufgestellt, hier ein kleiner Einblick:

  • Die Einführung von Richtlinien für die Festlegung eines einheitlichen Ausbildungssystems in der EU nach dem Modell des dualen Ausbildungssystems.
  • Die Attraktivität von Ausbildungsberufen sollte erhöht werden, um Fachkräftemängel auszugleichen.
  • Die allgemeine Arbeitsmobilität soll im Bezug auf sprachliche Kompetenzen und Auslandsaufenthalte gefördert werden, wobei der Fokus auf der englischen Sprache liegen soll.

Viele unserer Forderungen wurden angenommen, was uns natürlich sehr gefreut hat. Es waren wirklich drei sehr interessante Tage, da alle Themen von großer Bedeutung für unsere Zukunft sind.

 

Ich, Vanessa, war im Ausschuss  für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres:

Mein Ausschuss befasste sich mit der Thematik bürgerlicher Freiheiten, Justiz und Inneres. Verständlicher formuliert, war es unsere Aufgabe, Forderungen auszuarbeiten, die es der EU möglich machen soll, strategisch gegen die Ursachen für extremen Nationalismus und Rechtspopulismus vorzugehen.

Am Montag war es zuallererst das Ziel, alle Ausschussmitglieder konkret über die verschiedenen Begrifflichkeiten aufzuklären, so dass wir in den nächsten zwei Tagen nahezu auf einem Niveau bezüglich unseres Wissenstandes miteinander diskutieren konnten. So sammelten wir bereits am Dienstagmorgen die ersten Ideen, welche Forderungen uns an die EU besonders wichtig sind.

Mein Ausschuss beschäftigte sich vordergründig mit den Ursachen für Nationalismus und Populismus, weshalb wir versuchten, die wichtigsten Ansatzpunkte zur Vorbeugung der Extremen zu ermitteln. Letztendlich lag der Schwerpunkt unserer Forderungen auf dem Aspekt Aufklärung und Transparenz.

Genauso forderten aber auch wir einen europäischen Mindeststandard für diverse Aspekte, wie unter anderem für Bildung. So lautete auch eine unserer Forderungen: „Das Modell der dualen Berufsausbildung soll mithilfe des Europäischen Sozialfonds zu einem europäischen Modell weiterentwickelt werden.“.

Auf den ersten Blick mag diese Forderung nicht das Thema meines Ausschusses betreffen. Diskutiert man jedoch ausführlich genug über die verschiedenen Ursachen für beispielsweise Rechtsextremismus, dann stellt man fest, dass die Vereinheitlichung der dualen Ausbildung in Europa ein guter Ansatzpunkt wäre, um in erster Linie potentielle Arbeitskräfte besser und schneller in Deutschland einzugliedern.

Schlussendlich konnten wir nach langen und vielfältigen Diskussionen bis Dienstagnachmittag 13 Forderungen aufstellen. Am Ende des Tages haben wir noch die Reden für den nächsten Tag vorbereitet, so dass wir am letzten der drei Tage bei der Vollversammlung unsere Forderungen würdig vertreten konnten. Auch die Forderungen meines Ausschusses wurden von der Vollversammlung vollständig angenommen.

 

Die Vollversammlung am Finaltag

Der Finaltag war für alle Teilnehmer der wohl spannendste Tag – hier wurden die Ergebnisse der einzelnen Ausschüsse vorgestellt, und jeder durfte mit seiner Stimme darüber entscheiden, ob er die Forderung annimmt, ablehnt oder ob er sich enthalten möchte.

Die parlamentarische Vollversammlung soll nach dem Vorbild des Europäischen Parlaments gestaltet werden und uns die Möglichkeit geben, mit den anderen Teilnehmern über verschiedene politische Themen zu debattieren. Bevor es jedoch mit den Diskussionen losging, eröffnete Herr Tobias von der IHK den Tag. Kurz darauf hielt Britta Ernst (Ministerin für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg) ihre Impulsrede und stand uns im Anschluss Rede und Antwort zu verschiedensten Fragen.

Anschließend erhielten wir eine kurze Einweisung der Veranstalter in die  Regeln für die Vollversammlung. Kurze Zeit später konnten wir dann endlich starten. Sieben Ausschüsse standen eng getaktet auf dem Tagesplan, der letzte Ausschuss wurde sogar als öffentlicher Veranstaltungspart freigegeben, so dass auch sowohl einige Arbeitskollegen der Teilnehmer als auch die Lehrer der einzelnen Schulen am Nachmittag zu unserer letzten Debatte dazustoßen konnten.

Nach dem siebten und damit letzten Ausschuss rauchten die Köpfe aller Teilnehmer, es war ein sehr anstrengender, aber in erster Linie sehr interessanter Tag für alle Teilnehmenden. Wir waren erstaunt, wie sachlich Schüler und Auszubildende über politische Themen diskutieren können und vor allem, wie ernst wir diese Veranstaltung doch genommen haben.

Außerdem wurde uns versichert, dass unsere Anstrengungen in den letzten Tagen nicht umsonst gewesen sind – alle Forderungen, die von der Mehrheit in der Vollversammlung angenommen wurden, werden an das „richtige“ Europäische Parlament weitergeleitet. So hoffen wir, dass unsere Politiker sich unsere Forderungen zu Herzen nehmen und es vielleicht bereits auf Ihren Plan genommen haben

Zu guter Letzt wurde der Tag durch Peter Heydenbluth (Präsident der IHK Potsdam) mit der Auszeichnung aller Unternehmen abgerundet, die den Auszubildenden im Jahr 2018 die Möglichkeit gaben, einen Auslandsaufenthalt zu absolvieren.

Und da wären wir wieder: Noch einmal ein großes Dankeschön an die MBS, dass wir im letzten Jahr die Chance hatten, drei Wochen unserer Ausbildungszeit im Ausland zu verbringen. Ebenso wollen wir uns für die Möglichkeit bedanken, dass wir an dieser Veranstaltung teilnehmen durften und somit wieder viele neue und wertvolle Erfahrungen für unser Leben gesammelt haben!

 

 

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