Weit weg und doch nah dran
Die Zinsen für kurzfristige Darlehen zur Baufinanzierung sanken im April auf den niedrigsten Zinssatz, der je in Deutschland verlangt wurde: Im Durchschnitt 0,88 Prozent zahlten Kreditnehmer für eine Zinsfestschreibung auf fünf Jahre. Die Niedrigzinsphase hält also nicht nur schon seit vielen Jahren an, sondern bietet sogar noch neue Tiefstwerte. Eigentlich eine gute Voraussetzung für Wohneigentum. Eigentlich. Denn für viele Kaufwillige wird es immer schwieriger, eine Immobilie zu erwerben.
Woran das liegt, zeigt ein Blick auf die Hauptstadtregion. Wer momentan in Berlin unterwegs ist, bekommt zwar den Eindruck, dass anscheinend jede Baulücke geschlossen wird, doch ausreichen wird das nicht. Der Bedarf an Wohnraum wird auch in den nächsten Jahren größer sein als das Angebot. Wer in Berlin von einer Eigentumswohnung oder einem Häuschen mit Garten träumt, ist daher schnell ernüchtert. Die Preise haben inzwischen schwindelerregende Höhen erreicht. Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) errechnete für 2018 ein Plus von 15 Prozent.
Anderswo in Deutschland steigen die Immobilienpreise ebenfalls – wenn auch nicht so stark. Dass wir es dabei republikweit mit einer langfristigen Entwicklung zu tun haben, zeigt ein weiterer Blick in die Statistik: Mitte der 90er-Jahre betrug das Durchschnittsalter der Ersterwerber einer Immobilie noch 37 Jahre, 2017 lag es bereits bei 49 Jahren. Zugleich nahm die Anzahl der Erstkäufer kontinuierlich ab: 2001 waren es mehr als 700.000 Menschen, 2017 nur noch gut 400.000. Interessenten müssen also mit der Anschaffung länger warten oder können es sich gleich gar nicht mehr leisten.
Kein Wunder, dass das brandenburgische Umland so attraktiv ist. Kann man doch dort im Vergleich zu Berlin preiswerter wohnen und gleichzeitig die Nähe zur Hauptstadt nutzen. Lange profitierte von diesem Trend vor allem der Speckgürtel. Die Bevölkerungsprognose für das Land Brandenburg bis zum Jahr 2030 geht davon aus, dass im Berliner Umland 8,7 Prozent mehr Menschen leben werden als bisher. Der Speckgürtel wächst dabei auf über eine Million Menschen an. Potsdam sticht dabei heraus: Dort wird ein Anstieg von 171.000 auf 213.000 Einwohner erwartet. Ein sattes Plus von 24,1 Prozent. Aber auch andere Städte im Speckgürtel wie Strausberg, Königs Wusterhausen oder Blankenfelde-Mahlow profitieren seit Jahren.
Allerdings ist für manche Immobilieninteressenten selbst der Speckgürtel inzwischen zu teuer, haben dort doch viele Immobilienpreise ebenfalls kräftig angezogen. So stieg laut ZIA in Potsdam im Jahr 2018 der Quadratmeterpreis für Eigenheime um 21,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Zweiter Ring rückt in den Fokus
Aufgrund dieser Preisentwicklung profitieren inzwischen die berlinfernen Regionen. Sie werden erweiterter Metropolenraum oder zweiter Ring genannt. Städte wie Jüterbog, Neuruppin, Eberswalde, Luckenwalde oder Brandenburg an der Havel rücken in den Fokus. Roland Woelk, Leiter des ImmobilienCenters Potsdam der Mittelbrandenburgischen Sparkasse, ist sich sicher, dass diese Entwicklung anhält und sich noch verstärkt. „In Baugebieten, wo es jahrzehntelang nicht voranging, wird plötzlich wieder gebaut“, berichtet er.
Für die Käufer und Bauherren im zweiten Ring ist die Verkehrsanbindung an Berlin besonders wichtig. „Ein Bahnhof mit relativ enger Zugtaktung oder eine Autobahn in der Nähe muss vorhanden sein“, sagt Woelk. Vor allem Orte, die maximal eine Stunde von Berlin entfernt liegen, sind beliebt. Ein Beispiel: Von Brandenburg an der Havel zum Berliner Hauptbahnhof braucht die Regionalbahn laut Fahrplan 49 bis 54 Minuten. Gut jede halbe Stunde fährt ein Zug.
Von solchen Verbindungen profitieren nicht nur die Orte selbst, sondern ebenso kleinere Ortschaften in deren Umgebung. „Die Menschen sind nicht abgeneigt, auch einige Kilometer abseits von beispielsweise Brandenburg an der Havel oder Luckenwalde zu wohnen, wenn die Anbindung stimmt“, so Woelk.
Dass der Pendlerradius größer geworden ist, haben die Landesregierungen von Berlin und Brandenburg ebenfalls erkannt und unlängst den „Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion“ beschlossen. Dieser sieht vor, den Bahnverkehr für Pendler besser zu vernetzen und auszubauen. In einigen Regionalbahnen ist es nämlich schon jetzt zu den Stoßzeiten dermaßen voll, dass die Fahrt kein Vergnügen ist.
Dass die Beliebtheit des zweiten Rings steigt, lässt sich laut Woelk bereits an den Immobilienpreisen ablesen. Dennoch sind die Preise dort in der Regel wesentlich moderater als im Speckgürtel. „Unter den Käufern sind häufig junge Familien, aber auch die Generation 50plus ist vertreten“, sagt Woelk. „Bei dieser Gruppe sind die Kinder meist schon aus dem Haus und die Eltern wollen nun einen Tapetenwechsel.“ Senioren zählen ebenfalls zu den Kunden des ImmobilienCenters. „Sie möchten oftmals ein kleineres Haus als zuvor haben oder in eine altersgerechte Eigentumswohnung umziehen und tauschen dafür ihre alte Immobilie gegen eine neue ein.“
Nicht zu lange warten
Egal, aus welchen Gründen sich für eine Immobilie im zweiten Ring entschieden wird, auch in Niedrigzinsphasen sollte der Immobilienkauf genau geplant werden. Woelk: „Mit einer realistischen Strategie lässt sich die Immobilie in einem vernünftigen Zeitraum abbezahlen, sodass es im Alter keine finanzielle Belastung durch einen Kredit mehr gibt.“ Ob Zinsbindung, Baukindergeld oder zusätzliche Kosten wie Grunderwerbssteuer der Notargebühren: Beim Immobilienkauf gibt es vieles zu beachten. „Mit unserem Sparkassen-Finanzkonzept kann ein solches Vorhaben ganzheitlich geplant werden“, erklärt Woelk. „Dabei werden wichtige Aspekte betrachtet wie Absicherungen gegen Schäden an der Immobilie, Haftungs- oder Lebensrisiken.“ In jeder Filiale erhält man dazu weitere Auskunft. Natürlich helfen die Beraterinnen und Berater auch bei der Suche nach dem passenden Objekt.
Wer Interesse an einer Immobilie im zweiten Ring hat, sollte das Vorhaben nicht auf die lange Bank schieben. Schließlich weiß niemand, wie lange die Niedrigzinsphase noch anhält. Und: Je populärer der zweite Ring wird, desto stärker ziehen die Preise dort ebenfalls an.
Dieser Artikel erschien auch im MBS-Kundenmagazin sans souci, Ausgabe Sommer 2019.
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