Kevin Schuster – von der zehnten Klasse auf die Überholspur
Hätte man Kevin Schuster gegen Ende der Schulzeit gesagt, wo sein Weg hinführen wird, er hätte es sicher nicht geglaubt. Aufgewachsen als Arbeiterkind in Brandenburg erwarteten die meisten Verwandten von ihm, dass er die zehnte Klasse absolviert und sich dann einen „anständigen“ Beruf sucht. Bis zu einem bestimmten Punkt hat der Brandenburger diese Erwartungen erfüllt, doch irgendwann machte es bei ihm „Klick“, und er verließ die vorgegebenen Pfade. Heute studiert Kevin Schuster ohne Abitur an der Fachhochschule Brandenburg. Nebenbei hat er sich mit einer Geschäftsidee selbstständig gemacht und wurde gerade zum zweiten Mal für das begehrte Deutschlandstipendium ausgewählt.
Um zu verstehen, warum Kevin Schuster ein so zielstrebiger, gut strukturierter Mensch ist, muss man auf seinen Werdegang schauen. Als Kind und Jugendlicher bekam er von seinen geschiedenen Eltern zwar jede mögliche Unterstützung, doch finanziell war Vieles nicht möglich. „Auch wenn es mir nie an etwas gefehlt hat, waren große Sprünge bei uns nicht drin“, sagt Kevin Schuster. Das wurde auch nach Abschluss der zehnten Klasse nicht besser, als er sich in schulischer Ausbildung zum Kaufmann für Bürokommunikation ausbilden ließ. „Bei der Abschlussprüfung hatte ich zum ersten Mal eine Ahnung, wie schwierig die Arbeitssuche werden würde“, erinnert sich Kevin Schuster. Da saß er nämlich mit 200 weiteren Prüflingen im Stahlpalast. Die meisten anderen hatten bereits einen Arbeitgeber sicher. Kevin Schuster nicht.
Trotz eines Zweierdurchschnitts langte es vorerst nur zu einer Stelle als Ein-Euro-Jobber bei der Stadt. Aufgrund seiner Fähigkeiten im Umgang mit Computer und Software wurden die Verantwortlichen auf Kevin Schuster aufmerksam und holten ihn sozusagen auf die andere Seite. Nun war er für die Betreuung von Langzeitarbeitslosen zuständig. „Eine bequeme Arbeit mit Aussicht auf ein normales Arbeitsleben“, sagt Kevin Schuster. Doch er wollte mehr erreichen, kündigte und bewarb sich an der Fachhochschule für ein Studium der Wirtschaftsinformatik. Sein fehlendes Abitur konnte er mit Lehre und einigen Jahren Berufspraxis ausgleichen. „Es war anfangs ganz schön anstrengend, mit den anderen mitzuhalten“, erinnert sich Kevin Schuster. Immerhin saß er ausschließlich mit Abiturienten im Raum, die über eine bessere Vorbildung verfügten.
Für einen Nebenjob war da keine Zeit. Um besser über die Runden zu kommen, hat Kevin Schuster nach Stipendien gesucht. Er erfuhr vom so genannten Deutschlandstipendium, bewarb sich und wurde abgelehnt. Der junge Mann probierte es erneut und hatte dieses Mal mehr Glück. Für vorerst ein Jahr erhielt Kevin Schuster nun jeden Monat 300 Euro. Damit nicht genug, auch für den Masterstudiengang, in dem er sich gerade befindet, wurde der 28-Jährige mit dem Deutschlandstipendium bedacht.
Beim Deutschlandstipendium gibt die Bundesregierung monatlich 150 Euro, die andere Hälfte übernehmen Unternehmen oder auch Stiftungen aus der Region. Bei Kevin Schuster war das zuerst die Feinland GmbH in Lehnin. Nun ist das die Jugend-, Kultur-, Sport- und Sozialstiftung (JKS) der Mittelbrandenburgischen Sparkasse (MBS). Die Stiftung hat für insgesamt acht Studierende an Fachhochschulen und Universitäten im Wirkungsbereich der Stiftung für zwei Semester eine Art Patenschaft übernommen. „Mit dem Deutschlandstipendium werden Studierende unterstützt, die mit sehr guten Leistungen auffallen“, sagt Andreas Schulz, Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung.
Die damit gewonnene Zeit nutzt Kevin Schuster, um nun andere Menschen zu unterstützen. Für die Brandenburger Tafel schenkte er Essen aus und hat eine neue Internetseite entwickelt. Stolz ist er auf die Möglichkeit, nun Spenden für die Tafel akquirieren zu können. So etwas hatte es zuvor noch nicht gegeben. Mit einem Kommilitonen entwickelte der 28-Jährige außerdem die Idee, Wartezimmer von Ärzten der Region mit Informationen und Unterhaltung zu versorgen. Während der Bachelorarbeit entstanden, hat es Kevin Schuster damit sogar zu einer kleinen Firma gebracht. Um die kümmert er sich neben dem Studium. „Eine erste Brb-Box hängt schon in einem Wartezimmer. Mit der wollen wir Erfahrungen und kleinere Fehler entdecken und beseitigen, ehe wir das Produkt anderen Ärzten anbieten wollen“, sagt der Jungunternehmer.
Noch eineinhalb Jahre wird Kevin Schuster voraussichtlich für seinen Abschluss an der Fachhochschule benötigen. Was dann kommt, ist noch ungewiss. Ich kann mir sowohl eine Selbständigkeit als auch eine Anstellung vorstellen“, sagt er. Wichtig ist nur, dass er sich weiterentwickeln kann und Platz für seine Ideen findet.
Mehr Information zum Förderengagement findet Ihr unter www.mbs.de/foerderung.
Foto: Kevin Schuster in der Bibliothek der Fachhochschule Brandenburg.
Schreibe einen Kommentar