Stolz aufs eigene Gemüse

eingestellt von Daniela Toppel am 16. September 2020 um 15:40 Uhr | Kategorie: Allgemein

Stolz aufs eigene Gemüse

Ackern schafft Wissen

Immer weniger Kinder und Jugendliche wissen, wo Lebensmittel herkommen, wie diese angebaut werden und wie man bewusst mit ihnen umgeht. Der gemeinnützige Verein Ackerdemia e.V. arbeitet gegen diesen Trend – schon in der Kita. Diese wertvolle Bildungsarbeit unterstützen wir gern.

Rudi Radieschen, Karla Kartoffel, Sarah Salat, Bernd Bohne und Tilda Tomate kennt im Fröbel-Kindergarten in Potsdam jedes Kind. „Und wer ist Lieschen Radieschen?“, fragt Erzieherin Sabine Nieß an diesem sonnigen Tag Milo, Hannah, Elise und Albert. „Die Frau von Rudi Radieschen“, ruft Hannah blitzartig. Die genannten Figuren sind  die Helden der Acker-Geschichten, die Nieß den Kindern regelmäßig vorliest, bevor es zum Gemüsebeet geht. „In der Acker-Stunde stellen wir den Kindern in Bildergeschichten spielerisch verschiedene Gemüsearten vor, erklären ihnen, was sie für das Wachstum brauchen und wo man sie in der Welt findet.“ Seit fünf Jahren beteiligt sich die Einrichtung an der GemüseAckerdemie. Das Bildungsprogramm des 2014 gegründeten gemeinnützigen Vereins Ackerdemia e.V. möchte Kinder und Jugendliche für eine gesunde Ernährung und Nachhaltigkeit begeistern. Dafür vermittelt es ihnen das theoretische Wissen und gibt ihnen die praktischen Werkzeuge mit an die Hand, um im Klassenraum oder auf dem eigenen Acker eigenverantwortlich Gemüse anzubauen. „Mir ist wichtig, der jungen Generation zu zeigen, welchen Wert der bewusste Umgang mit Lebensmitteln für uns alle hat“, so Sabine Nieß.

NATUR ERLEBBAR MACHEN

„Das gelingt am besten, wenn man die Natur für sie durch praktisches Tun erlebbar macht und sie eigenverantwortlich Beete organisieren, planen und anbauen lässt“, erzählt Gründer Dr. Christoph Schmitz. Er selbst wuchs auf einem Bauernhof auf und lernte schon früh im großen Gemüsegarten seines Großvaters viel über den Gemüseanbau. Nach der Geburt seiner ersten Tochter beschloss der studierte Agrar- und Wirtschaftswissenschaftler, seine Tätigkeit am Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung aufzugeben und Ackerdemia zu gründen. Mit Erfolg: Heute betreuen rund 90 Mitarbeiter sowie bis zu 1.000 ehrenamtliche Helfer und Honorarkräfte als Acker-Coaches, Acker-Mentoren und Acker-Helfer deutschlandweit rund 637 Lernorte. „Unsere Acker-Helfer haben nicht immer Vorwissen, aber Interesse am Thema Garten. In Fortbildungen erhalten sie ein Basiswissen, um mithelfen zu können. Die Acker-Mentoren stehen der pädagogischen Fachkraft mit Rat und Tat zur Verfügung. Und Acker-Coaches sind echte gärtnerische Experten, welche die Lernorte kompetent beraten“, so Schmitz. Sie unterstützen bei der Anbauplanung, machen Vor-Ort-Besuche, führen Fortbildungen und Workshops durch oder organisieren Lehr-Materialien sowie Gartenwerkzeuge, Saatgut und Jungpflanzen.

30 verschiedene Gemüsearten innerhalb eines Jahres bauen Kinder an.

30 verschiedene Gemüsearten innerhalb eines Jahres bauen Kinder an.

„Als Ackerdemia auf uns zukam, waren wir sofort begeistert und die allererste Kita, die am Projekt teilnahm“, erinnert sich Kita-Leiterin Angela Müller. Der nebenan liegende Filmpark Babelsberg stellte dafür die nötige Fläche zur Verfügung. Damals war Milo noch ein ziemlich kleiner Junge. Inzwischen sind die letzten Monate in der Kita vorbei, im Herbst wurde der Sechsjährige eingeschult. Begeistert erzählt er, was er bei den Acker-Pflanzungen schon alles gelernt und angepflanzt hat: „Am Anfang schauen wir uns immer an, wie alles gewachsen ist. Der Mais ist schon groß geworden. Zwiebeln und Tomaten haben wir auch schon gepflanzt. Und ich weiß, dass man Pflanzen nicht so stark in der Sonne gießen soll, weil nasse Blätter das Sonnenlicht bündeln und so verbrennen können.“

SÄEN, PFLEGEN, ERNTEN

Jennifer Usadel, Regionalmanagerin für Brandenburg bei Ackerdemia, liebt es, wenn die Kinder mit leuchtenden Augen angerannt kommen, um den Acker zu besuchen. „Die Pflanzzeit ist für mich die schönste Belohnung für meine Arbeit.“ Motivation und Begeisterung sind für sie die Schlüsselkriterien, die eine Schule oder Kita mitbringen sollte, um eine Ackerfläche zu begründen. Alles Weitere koordiniert Usadel im engen Austausch mit den Erziehern und Gärtnern, so auch die bis zu 30 verschiedenen Gemüsearten, die angebaut werden. Auch dank der Mittelbrandenburgischen Sparkasse, die als Förderpartner von Ackerdemia die Kita seit diesem Jahr als einen von fünf Lernorten in Brandenburg finanziell unterstützt.

26.000 teilnehmende Jugendliche und Kinder

„Um den Kindern die Vielfalt der Gemüsewelt zu zeigen, mischen wir bekannte und unbekannte Gemüsearten und -sorten – von roten und schwarzen Tomaten über Palmkohl bis zu buntem Mangold.“ Diesmal hat Usadel den Kindern Gurkenpflanzen mitgebracht. „Und was brauchen wir für deren Anbau?“, fragt deren Erzieherin Nieß. „Eine Schaufel und eine Gießkanne“, rufen die Kinder fast unisono. An diesem Tag lernen sie, dass sie eine Gurke am besten in einem mit Wasser gefüllten Loch zwischen zwei Maiskolben – einem der besten Freunde der Gurke – pflanzen.

Jennifer Usadel erklärt Milo, wie man Gurken pflanzt.

Jennifer Usadel erklärt Milo, wie man Gurken pflanzt.

EIN BEWUSSTSEIN SCHAFFEN

„Wenn die Kinder ihr angebautes Gemüse über Monate begleiten, fangen sie automatisch an, sich für dieses zu interessieren“, glaubt Schmitz. Im Oktober ist Erntezeit. Dann werden sie nicht nur wissen, was sie da auf den Teller bekommen. Ihnen wird bewusst sein, dass man in etwas reinbeißen kann, was aus der Erde wächst. Keine Selbstverständlichkeit in einer Zeit, in der alle Lebensmittel zu jeder Zeit im Supermarkt immer zur Verfügung stehen, so Schmitz. Das Ziel der GemüseAckerdemie ist deshalb klar: So vielen Schulen und Kitas wie möglich einen solchen Lernort in der Natur zu ermöglichen.

Dr. Christoph Schmitz, Gründer der Ackerdemia

Dr. Christoph Schmitz, Gründer der Ackerdemia

Drei Fragen an Dr. Christoph Schmitz, Gründer der Ackerdemia

1. Herr Dr. Schmitz, wissen Sie noch, was Sie als Erstes in Ihrem Leben angepflanzt haben?

Da ich auf einem Bauernhof aufwuchs, auf dem viele Kartoffeln angebaut wurden, vermute ich, dass es die Kartoffel war.

2. Was war Ihre Idee hinter der GemüseAckerdemie?

Schon als Kind besuchten uns Schulklassen auf dem Bauernhof, um auf dem Acker zu helfen. Sie haben aber nicht vermittelt bekommen, warum beispielsweise Kartoffeln in der Erde wachsen. Das wollte ich ändern. Ich wollte den Acker zu den Kindern bringen.

3. In welchen anderen Bereichen ist Ackerdemia noch tätig?

Im Bereich Research analysieren wir wissenschaftlich die Wirkungen des Bildungsprogramms. Im Bereich Solutions suchen wir nachhaltige Lösungen für den Arbeitsalltag. Beispiel AckerPause: Hier bewirtschaften Mitarbeiter von Unternehmen unter unserer Anleitung ein gemeinsames Beet.

 

Der Acker des Fröbel-Kindergartens am Filmpark in Potsdam von oben

Der Acker des Fröbel-Kindergartens am Filmpark in Potsdam von oben

Die MBS fördert fünf Lernorte:

Seit 2020 unterstützt die Mittelbrandenburgische Sparkasse als Förderpartner der Ackerdemia fünf Lernorte finanziell, darunter zwei Schulen und drei Kitas: in Potsdam

  • die Oberlinschule,
  • das Schulzentrum am Stern,
  • den Fröbel-Kindergarten „Am Filmpark“
  • und die Evangelische Kita Hoffkids
  • sowie in Teltow die Kita Felsenblume.

Infos unter: ackerdemia.de

Dieser Artikel erschien auch im MBS-Kundenmagazin sans souci, Ausgabe Sommer 2020.

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